EZB Wirtschaft

Forex: Die EZB, der Crash, die Demokratie und die Fädenzieher

Oct 16, 2014

Sinn erneut gegen die EZB-Staatsanleihekäufe

Der Präsident des ifo-Instituts Sinn hat sich erneut gegen die Staatsanleihekäufe, die gegenwärtig auf der Agenda der Europäischen Zentralbank stehen, ausgesprochen. Nach Aussagen von Sinn darf die europäische Schuldenproblematik und insbesondere die Beruhigung der Finanzmärkte nicht auf dem Rücken der einfachen Steuerzahler ausgetragen werden.

In der Tat kann man auch in einem zusätzlichen Punkt Sinn widersprechen, und zwar, wenn es um die Frage geht, ob in Europa ein Demokratieproblem vorliegt. Natürlich haben wir in Europa eine Demokratie und in einer Demokratie hat nun einmal jede Stimme das gleiche Gewicht. Die Überwälzung der Verantwortung auf die "Zocker" der Finanzmärkte kann dann auch angezweifelt werden, denn den Investoren bleibt keine Alternative als so zu handeln, wie sie es seit der Gründung des gemeinsamen europäischen Währungsraums eben tun.

Euroraum: Kein Demokratieproblem, sondern ein Anreizproblem

Um auf den Punkt zu kommen: Wir haben hier gewiß kein Demokratieproblem, sondern ein Anreizproblem. Der gemeinsame Währungsraum hat seinen Preis, und je mehr krumme Spielchen von einzelnen Staaten getrieben werden, sei es beispielsweise das ungehemente Ausgabeverhalten einiger GIPS-Staaten im Vorfeld der Krise oder eben die Politik der niedrigen Lohnstückkosten in den Jahren danach, desto höher wird die Zeche am Ende auch ausfallen. Letztendlich müssen die Staaten begreifen, dass sie alle in einem Boot sitzen. Je schneller dies geschieht, desto günstiger wird es für alle Beteiligten werden. Die Lösung kann und wird nicht durch gegenseitige Schuldzuweisung gefunden werden, sondern nur durch kühles Nachdenken und das Drehen an den Schrauben des spieltheoretischen Rahmens, der durch die Anreizsetzung alle Beteiligten auf dem Weg in eine gemeinsame Welt disziplinieren kann.  

Die endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, ob die EZB mit den angekündigten Anleihekäufen ihr legales Mandat verletzen wird, kann frühestens in einem Jahr erwartet werden. 

Das Bundesverfassungsgericht ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt felsenfest davon überzeugt, dass dem angekündigten EZB-Programm "Outright Monetary Transactions" der rechtliche Rahmen fehlen würde.

Griechenland: Wenn der Ausstieg mißlingt...

Auch die griechische Regierung hat auf einen früheren Ausstieg aus dem Rettungsschirm gepocht. Dabei beziffern sich die zahlreichen Rettungspakete der internationalen Geldgeber auf rund 240 Milliarden Euro. Auf die Ankündigung der griechischen Politikspitze folgte die einzig adäquate Antwort seitens der Kapitalmarktteilnehmer, dabei kamen insbesondere die Bankenwerte unter Druck. Dies dürfte die Kreditvergabe im Privatsektor für das nächste halbe Jahr erheblich drosseln. Daneben lag die Rendite der zehnjährigen Staatsschuldtitel bei 7,095 Prozent, was den Ausstieg des griechischen Staates unterbinden sollte.

Ein unvoreingenommener Blick auf den diametralen europäischen Aspekt offenbart:  Wer im Glaushaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen. So könnte man das finnische Vorrücken gegen den gemeinsamen europäischen Währungsraum in der jüngsten Vergangenheit und die unmittelbare Konsequenz daraus bezeichnen.

Die Produktionszahlen in der Eurozone ließen im August zu wünschen übrig. Die Bondtrader reagierten jedenfalls kaum. Die zehnjährigen finnischen Staatspapiere rentierten nur leicht höher.

Crash: Das Rohöl und seine ehamals wohltuende Wirkung

Einige Jahre zuvor herrschte wahre Goldgräberstimmung. Der chinesische Wachstumsmotor lief rund, der Rohölpreis verteuerte sich zeitweilig bis auf die 150 US-Dollar-Marke pro Barrel, was die Aussenverschuldung Russlands über Nacht drastisch reduzierte. Der russische Staat rappelte sich nach der Jelzin-Ära auf. Die BRIC-Staaten dominierten das globale Wirtschaftsgeschehen, innerhalb der OPEC waren sich die großen Ölförderer Iran, Saudi Arabien, Irak und Venezuela über den Preis einig. Mit dem Einbruch des globalen volkswirtschaftlichen Wachstums litt insbesondere Iran, der zu diesem Zeitpunkt am liebsten Preise über 130 US-Dollar gesehen hätte, um seine Staatsfinanzierung sicherzustellen. Wenig später folgten bekanntlich die Sanktionen.

Die verhaltene Konjunkturdynamik hat insbesondere den Preisauftrieb in China verlangsamt. Laut dem nationalen Statistikamt liegt die Inflationsrate für den vergangenen Monat bei 1,6 Prozent, was übrigens das tiefste Niveau seit Januar 2010 darstellt. Dabei liegt das anvisierte Preisziel der Pekinger Zentralregierung bei unter diesen Konditionen gegenwärtig unerreichbaren 3,5 Prozent. Nicht zuletzt lasten die enormen Überkapazitäten auf den Produzentenpreisen, was der Entwicklung in China deflationäre Charakterzüge verliehen hat. All dies hat sich auf den Ölpreis ausgewirkt, der sich im freien Fall befindet.

Pumpkapitalismus, sein Katalysator und die Nadelstiche

Dabei war das Öl der Katalysator des globalen Pumpkapitalismus. Mit dem jetzigen Einbruch der Wirtschaftsleistung gestaltet sich die Umsetzung des Keynesianismus schwieriger, so dass man jetzt zu Nadelstichen übergangen ist. In China wurden so beispielsweise bereits vor Monaten, um die Kreditvergabe anzukurbeln, die Mindestreserven für rurale Banken verringert.

Das jetzige Preisniveau am Rohölmarkt dient zwei Zwecken. Einerseits soll Russland als großer Exporteur in der Ukrainefrage diszipliniert werden, andererseits wird die Bundesrepublik für ihre Dienste an der Eurozone über die Euroabwertung etwas entlastet. Die deutschen Gas- und Ölimporte beliefen sich 2013 auf etwa einhundert Milliarden Euro. Die Kombination aus dem gegenwärtigen Eurokurs bzw. den angesprochenen Rohstoffpreisen dürften einer 0,3-prozentigen BIP-Ersparnis für die deutsche Volkswirtschaft entsprechen. Diese hat sie momentan auch nötig, denn das ZEW bescheinigte der deutschen Wirtschaft am Dienstag den zehnten Rückgang des Konjunkturbarometers in Folge. Der tiefe Fall um 10,5 auf nun minus 3,6 Zähler spiegelt einigermaßen wieder, wie es um die Bundesrepublik wirklich steht.

Das Überangebot an Öl hat in der letzten Zeit auch der Terrormiliz ISIS nicht gut getan, zumindest was die Anzahl der Greueltaten angeht. Die letzten US-Luftangriffe haben jedenfalls die Fördermenge von etwa 70 000 auf nun 20 000 Barrel pro Tag gesenkt.  

Eurokrise nun überwunden?

Eventuell. Auch der Volkswirt Sinn äußerte sich erneut kürzlich zu der Eurokrise:"Die Krise ist eindeutig noch nicht vorbei."

Wird es eine Erholung der globalen Volkswirtschaft geben?

Smartest Finance wünscht Ihnen eine angenehme Restwoche und alles Gute.

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